Magazin
Ein Kämpfer für die revolutionäre Bühnenkunst
Über Erwin Piscator anlässlich seines 125. Geburtstages
von Jakob Hayner
Erschienen in: Theater der Zeit: Feier des Absurden – Nürnbergs neuer Schauspielchef Jan Philipp Gloger (12/2018)
Als im Jahre 1929 – nur wenige Tage vor dem Sturz der Aktienkurse an den Börsen – Erwin Piscators Buch „Das politische Theater“ erschien, waren dort die eigenen Erfahrungen bei der Schaffung einer revolutionären Bühnenkunst zur Theorie gebündelt. Programmatisch war die von dem Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy gestaltete Umschlagcollage: Einerseits eine Masse von Menschen mit Fahnen, Teil der kommunistischen Weltbewegung. Andererseits eine Konstruktion aus Elementen wie Treppen und Streben, an eine Weltkugel erinnernd. Alle Momente von Piscators Arbeit sind darin enthalten: die Mobilisierung der Massen und die künstlerische Konstruktion, die politische Agitation und die neuesten zur Verfügung stehenden technischen Mittel. „Das politische Theater“ war auch ein Abschluss. Denn infolge der Weltwirtschaftskrise konnte Piscator seine Experimentalbühne nicht weiterführen.
Zum Theater war der am 17. Dezember 1893 geborene Piscator im Krieg gekommen, zur Politik durch die Abscheu vor demselben. 1914 eingezogen, kam er zu Eduard Büsings Fronttheater. Als es an der Zeit war, unterstützte er die Arbeiter- und Soldatenräte und trat der neugegründeten KPD bei. Die Welt sollte nicht bleiben, wie sie gewesen war, und wie sie zu sein habe, sollten künftig die Produzenten dieser Welt selbst entscheiden. Piscator gründete das Proletarische Theater und begann zu inszenieren. Zunächst Frank Wedekind. Dann Franz Jung....