Ein Wort zur deutschen Gegenwartsmusik
von Bernhard Böttner
Erschienen in: Theater der Zeit: Nachwuchssorgen (02/1947)
Muß man nicht die Planität und Trägheit des überwiegenden Teils des deutschen Theater- und Konzertpublikums gegenüber dem neuzeitlichen Musikschaffen geißeln, wo andere für neue Werke um so entschiedener eintreten, und wenn man sich den für uns manchmal unfaßbaren Jubel um die bedeutenden Schöpferpersönlichkeiten der fremden Nationen vergegenwärtigt?
Es ist die große Tragik für den deutschen Schöpfergenius, zu Lebzeiten unerkannt zu bleiben.
Wenn heute das Konzertpublikum mit Skepsis und leider auch mit Vorurteilen auf einem Programm jedes moderne Werk oder einen neuen Namen wahrnimmt, sollte man sich doch einmal über die Gründe Rechenschaft geben.
Zu allen Zeiten gab es den Kampf gegen das Neue, daß das Publikum eine angeborene Bequemlichkeit und den sprichwörtlichen Konservatismus in der Kunst nicht verleugnen kann. (Im übrigen gingen wohl die Wogen der Entrüstung wie auch der Begeisterung früher höher als heute, so daß es manchmal scheinen mag, als hätte die Vergangenheit doch mehr Kunstinteresse gehabt, nicht zuletzt, weil es mehr Muße gab für den einzelnen, sich mit schöngeistigen und künstlerischen Problemen auseinanderzusetzen, als uns die Gegenwart bei den Alltagssorgen gönnt.)
Aber auch andere, schwerer wiegende Motive müssen geltend gemacht werden.
Selbst ein genialer Komponist ist solange für seine Umwelt verloren, als sich für sein Werk kein...