Der kollektive Prozess der Theaterpädagogik
Erschienen in: Lektionen 5: Theaterpädagogik (10/2012)
Theater ist eine kollektive Kunst. Darin sind sich viele Theatermacher einig. Die Formel vom Theater als sozialer Kunstform geht freilich darüber hinaus. Sie begreift Theater als eine dialogische Beziehung nicht nur im Binnenraum der Theaterproduktion, sondern auch im Dialog zwischen Bühne und Zuschauern. Wie vielgestaltig, ästhetisch variabel und formbewusst dieser Dialog sein kann, markiert der Begriff „Kunstform“. Theater ist keine Informationsveranstaltung, die Botschaften versendet. Es ist eine komplexe Ausdrucks- und Kommunikationsweise, die sich vieler Mittel und „Sprachen“ bedient – der verbalen, jener des Körpers, des Raumes oder der neuen Medien. Und sie wird in der Regel nicht allein praktiziert, sondern im Zusammenspiel vieler. Zusammenspiel meint in diesem Zusammenhang nicht nur die gelungene Interaktion von Figuren, die einem Publikum präsentiert werden. Zusammenspiel hat hier zuallererst die Bedeutung, dass Menschen zusammenkommen und zusammenwirken, um gemeinsam Theater zu machen.
Der kollektive Prozess des Theatermachens ist für Theaterpraktiker nicht nur selbstverständlich, sondern Gegenstand fortwährenden Nachdenkens. Denn sie wissen, dass vom gelungenen, vom gut organisierten und inspirierten Probenprozess, der alle beteiligt, die Produktivität und Wirkung der szenischen Ergebnisse abhängt. Theatermacher fordern deshalb zu Recht hinlängliche Probenzeit, geschützte Räume und angstfreie Zonen des Experimentierens, in denen alles zugelassen ist, was der Darstellungsaufgabe und der wechselseitigen Entdeckung...