Schon im Buchttitel stellt uns Joachim Meyerhoff auf die Probe, denn was für eine „entsetzliche Lücke“ meint er bloß? Erst auf Seite 321 erfahren wir, es ist jene, von der Goethes Werther spricht: „Ach diese entsetzliche Lücke, die ich hier in meinem Busen fühle!“ Ein Werther-Solo war für den aufs Versagen programmierten Jungschauspieler im Erstengagement in Kassel der Durchbruch, mithilfe der Stimme seiner Großmutter (einer berühmten Schauspielerin) eingespielt aus dem Off.
Die schnöde Welt hier und die eigene unstillbare Sehnsucht da. Wie sollen sie je zusammenkommen? Für Werther, der seine Sehnsucht ausgerechnet auf Lotte projiziert, die es mehr mit der Welt als mit der Sehnsucht hält und für die er bloß ein romantischer Spinner ist, gar nicht. Wie jeder echter Romantiker, dem das Leben etwas unbedingt Gewolltes vorenthält, flüchtet Werther eilig in den Tod.
Dieser Werther wird für Meyerhoff, bis eben ein unbeholfen-unglücklicher Schauspielschüler in München, zur glücklichen Fügung: „Ich sagte mir: Dieser Werther, der sieht sich selbst genau wie du die ganze Zeit beim Leben zu. Um Werther spielen zu kön- nen, durfte ich uneins mit mir sein.“
Joachim Meyerhoff, der bereits vor mehr als zehn Jahren als Schauspieler und Regisseur am Berliner Maxim Gorki Theater mit solch genial-verschrobenen...