Look Out
Die Realität verkünstlichen
Die Regisseurin Judith Wilske versteht Theater als Prozess der Selbstbelehrung
von Simone von Büren
Erschienen in: Theater der Zeit: Nüchterner Rausch – Der Schauspieler Steven Scharf (04/2013)
Theater fand Judith Wilske langweilig. Deshalb studierte sie als 19-Jährige erst einmal Wirtschaftswissenschaften – etwas, von dem sie keine Ahnung hatte, was ihr aber wichtig schien. Später holte das Theater sie dann doch ein: Sie absolvierte ein Regie- und Kunststudium an De Amsterdamse School / Advanced Research in Theatre and Dance – DasArts und benutzt seither theatrale Mittel zur Erkundung von Phänomenen, die sie beschäftigen.
Ihre Wirtschaftsausbildung verraten nicht nur die ökonomischen Begriffe, die sie gerne ins Gespräch einflicht, sondern auch die Themen, die ihre Theaterarbeiten prägen: die sozialen Auswirkungen einer Fabrikschließung in „Ortschaft abgeschaltet“ (mit dem Künstlerkollektiv Futur3, Köln 2012), ein alternatives Bankenmodell in „Die gute Bank“ (Bern 2012) oder individuelles Shopping- Verhalten in „Why Do You Shop?“ (Hamburg 1999), in dem sie in einem Wohnwagen Passanten ihre Shopping-Gewohnheiten reflektieren ließ.
Judith Wilske ist an Wirkung interessiert. Sie möchte „etwas in die Welt setzen, was man dann von allen Seiten beleuchten und worüber man sich austauschen kann“. Mit ansteckender Energie und Neugier untersucht die 43-Jährige in langjähriger Zusammenarbeit mit der Theaterwissenschaftlerin Maren Simoneit unter dem Namen Wilske, Simoneit & Friends wirtschaftliche Mechanismen, entwickelt überraschende Modelle, führt verspielte Experimente durch und wertet diese in „Lehrstück- Performances“ aus. Dabei bezieht sie...