RUMÄNIEN
Ankunft im dritten Jahrtausend
Erschienen in: Recherchen 61: Landvermessungen – Theaterlandschaften in Mittel- und Osteuropa (12/2008)
Würde man die Atmosphäre der achtziger Jahre in Rumänien wiederherstellen wollen, wie es der Junge aus dem Film GOOD BYE, LENIN! seiner Mutter zuliebe tut, dann dürfte das Theater auf keinen Fall in seinem Trugbild fehlen. Vielleicht wäre es schwierig, einen dieser kalten Theatersäle aufzutreiben, in denen die Zuschauer dick vermummt und mit Handschuhen dasaßen, aber man fände sicher noch ein paar von den Schauspielern, die man damals für Stars hielt, ein paar Regisseure, die damals inszenierten und ein Sortiment von Klassikern, die damals auf allen Bühnen gespielt wurden. Unmöglich wiederherzustellen wäre die Spielweise, die paratheatralische Sprache, die damals von den Künstlern benutzt wurde, um ihre gesellschaftskritischen Anmerkungen zu machen, die großen Anklang in den Reihen der Zuschauer fanden. Das Forum des Achtziger-Jahre-Theaters ist in Rumänien verschwunden, doch haben sich andere Formen der Gemeinschaft von Künstler und Publikum gefunden, die den Bedürfnissen einer neuen, im Aufbau befindlichen Sozialstruktur entsprechen.
Wer den heutigen Standpunkt des Theaters in der rumänischen Gesellschaft orten will, muss sich zuerst darüber klar werden, dass das Aushängeschild der Kultur lange Zeit als optimistischer Antrieb über Rumänien hing und half, die Moral einer Nation zu heben, die gesellschaftlich gesehen ziemlich gebeutelt war. Die Tatsache, dass unsere kulturelle Produktion...