2.2 Die Falle der Selbst-Etikettierung
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
„Ich kann nicht singen.“
„Ich assoziiere nun mal etwas langsamer.“
„Im Storytelling bin ich eher schlecht.“
Wer hat nicht schon mal diesen oder ähnliche Sätze gehört? Das Problem ist, dass uns diese Glaubenssätze einsperren. Selbst wenn wir hier und da mit einem kräftigen „Au ja!“ an den Stäben des Käfigs gerüttelt haben, schrauben wir sie durch solche Selbst-Bezeichnungen wieder fest.
Nun zeugt es sicherlich von Bescheidenheit und Selbstreflexion, wenn wir von Zeit zu Zeit unsere eigenen Fähigkeiten einer kritischen Revision unterziehen. Schließlich sind wir erst dann in der Lage, an diesen Fähigkeiten zu arbeiten. Aber es ist ganz und gar kontraproduktiv, sich von vornherein in die Position des „So bin ich nun mal“, zu manövrieren. Denn wenn ich so „bin“, dann hülfe ja alles Lernen und Trainieren nichts.
Manche Impro-Schüler sind dermaßen in dieser Geisteshaltung gefangen, dass sie sich kaum für irgendein neues Spiel, eine Übung oder ein Format einlassen. Man bittet sie auf die Bühne und sie betreten sie mit einer um Mitleid flehenden Miene, die uns sagen soll: „Na, wenn ich unbedingt muss…“ Diese Haltung zu ändern, ist die entscheidende Aufgabe beim Lehren und Lernen von Improtheater.
Aufgrund schlechter Erfahrungen trägt fast jeder ein bisschen etwas von dieser...