3.5 Erinnern und Wiedereinführen
von Dan Richter
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Handlungsmotive, Namen von Orten, kleine Gegenstände, geäußerte Gedanken und sonstige Details muss man sich ebenso merken wie die Namen von Personen
Alles ist unser Material. Mit allem können wir spielen.
Unser Zuhören ist erst dann genau, wenn wir uns wirklich erinnern. Wir brauchen das Erinnern für die sinnvolle Fortsetzung der Szenen. Wenn ich mich nicht erinnere, ob die Heldin als Single oder verheiratet etabliert war, ob sie Ärztin oder Köchin war, ob sie alt ist oder jung, wie soll ich dann die Story sinnvoll fortsetzen?
Aber es geht auch um Strukturen, Formen und Muster. Storys wirken (zumindest im westlichen Kulturkreis) erst als abgeschlossen, wenn genügend Motive wiedereingeführt wurden. Selbst eine mittelmäßige Geschichte wirkt „geschlossen“, wenn das Ende dem Anfang ähnelt.23 Setze den Protagonisten am Ende möglichst verändert an die gleiche Stelle, von der er am Anfang gestartet ist, und schon wirkt eure Impro-Geschichte beinahe genial. Eine Story ist mehr als die Aneinanderreihung verschiedener aufeinanderfolgender Handlungen. Eine Story ist die sequenzielle Wiedergabe von Handlungen, deren ausgewählte Verknappung ihnen Sinn verleiht.24
Bei Storys ist die Notwendigkeit des Wiedereinführens von Elementen augenfällig. Aber auch bei nicht-narrativen Formaten, wie dem Roten Faden25 oder dem freien Harold26ergeben sich Muster, denen...