Der Widerspruch ist die Regel für das Wahre
von Andreas Kotte
Erschienen in: Recherchen 114: Fiebach – Theater. Wissen. Machen. (06/2014)
In der Rückschau erscheint dieses Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin, an dem alle zwei Jahre etwa 16 Studierende sich mit Theater und Theaterwissenschaft auseinanderzusetzen begannen, als eine höchst unübersichtliche Gemengelage, in die man nur allmählich hineinwuchs. Das begann mit der Aufnahmeprüfung, die in meinem Fall nach der Klärung all der fachlichen und persönlichen Voraussetzungen von einer schwarzhaarigen Mitarbeiterin mit deutlich ungarischem Akzent mit der Frage abgeschlossen wurde: „Nun, zum Schluss, worin, meinen Sie, besteht der Sinn des Lebens?“ Als einer, der schon einmal im selben Haus und ebenfalls in den letzten Minuten wegen der Nennung unerwünschter Namen (Volker Braun und Ingeborg Bachmann) einen Studienplatz in Philosophie verpatzt hatte, begann eine lange Schrecksekunde: Was will diese Frau hören? Und erst während des Studiums begriff ich, dass die Frage von grundehrlichem Eigeninteresse getragen war. Als Antwort fiel mir nur ein: „Albert Schweitzer hat dazu einmal gesagt, das Leben habe keinen Sinn, der Mensch sei geboren, ihm einen zu geben.“
Das Ritual der Aufnahme war vollzogen und ich kam 1978 an ein Institut mit einem Brecht-Forscher Ernst Schumacher, der die darstellenden Künste durch Systematisierung zu beherrschen versuchte. Er verfügte über die Möglichkeit, für die verschiedenen Künste einzelne Personen anzustellen und so wurden...