Theater der Zeit

Editorial

von José Andrés Torres Mora

Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Spanien (10/2022)

„INLOCA“ von Ana Vallés in ihrer Regie. Eine Kreation von Matarile, 2021 koproduziert mit dem Teatro María Guerrero des Centro Dramático Nacional Madrid mit Unterstützung von Agadic-Xunta de Galicia
„INLOCA“ von Ana Vallés in ihrer Regie. Eine Kreation von Matarile, 2021 koproduziert mit dem Teatro María Guerrero des Centro Dramático Nacional Madrid mit Unterstützung von Agadic-Xunta de GaliciaFoto: Bárbara Sánchez Palomero

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Das vorliegende Heft versammelt Beiträge namhafter spanischer Theaterkünstler:innen, um einen Einblick in die vielsprachige und vielfältige Theaterlandschaft Spaniens zu eröffnen. Die Texte zeugen von einer intensiven, künstlerischen Arbeit an der Gegenwart: Kunst mischt sich ein in die Selbstbeschreibung der Gesellschaft und wird dabei selbst zum symbolischen Kampffeld sozialer und politischer Auseinandersetzungen, insbesondere in Hinblick auf Erinnerungskultur, territoriale ­Vielfalt und Feminismus.

Anlass zu diesem Heft ist die Einladung Spaniens als Ehrengast zur Frankfurter Buchmesse. Zuletzt war das Land vor 31 Jahren Gast der Buchmesse. Damals, im Jahr 1991, bemühte sich Spanien darum, sich als demokratisches, europäisches Land zu präsentieren.

Im Oktober 1991 verhalf der Auftritt als Ehrengast der Buchmesse Spanien dazu, sich als Ort künstlerischer Schaffenskraft zu präsentieren. Daran möchte das diesjährige Programm „Sprühende Kreativität“, das Spanien zur Buchmesse vorbereitet hat, anknüpfen.

Heute ist Spanien weit mehr als ein Sehnsuchtsort. Als entfernte Nachbar:in in einem zusammenwachsenden Europa führen Tourismus, Sport und eng verflochtene wirtschaftliche Beziehungen zu einem regen Austausch mit dem deutschsprachigen Raum. Umso mehr verwundert, dass im künstlerischen Feld, jenseits spezifischer Komplizenschaften, keine vergleichbare Verwobenheit das Verhältnis der beiden Kulturräume bestimmt. Das vorliegende Heft versteht sich also auch als Beitrag zu einer engeren künstlerischen Verflechtung mit unserer entfernten Nachbar:in Spanien und als eine überfällige Überblickspublikation, als Handreichung und Orientierungskarte in der spanischen Theaterlandschaft.

Das Heft entstand in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Dramática des Centro Dramático National in Madrid und blickt auf Arbeitsweisen, ästhetische Setzungen und künstlerische Programmatik. Sechs Abschnitte gliedern das Heft: In einem Überblicksartikel (einschließlich einer Karte zur spanischen Theaterlandschaft) wagt der Kulturjournalist Álvaro Vicente eine Bestandsaufnahme des spanischen Theaterkosmos. Was beunruhigt Theaterschaffende, und welche Impulse werden gesetzt? Es folgt eine Streitschrift, der im deutschsprachigen Raum durch Gastspiele bekannten Angélica ­Liddell, die ihre Leser:innen herausfordert: Was vermag Kunst? Was darf Kunst?

Im Gespräch mit den Theatermachern Pablo Remón und Pablo Gisbert befragt Marta García Miranda das Verhältnis von Realität und Bühne sowie die materiellen Bedingungen der Kulturproduktion. Daran schließen sich drei Beiträge an, die sich aus unterschiedlicher künstlerischer Perspektive mit dem Verhältnis von Theater und Poetologie befassen. Angesichts der territorialen und vor allem sprachlichen Vielfalt Spaniens kommen schließlich drei Stimmen aus dem Baskenland, Galicien und Katalonien zu Wort. Den Abschluss macht das bereits erwähnte Glossar impulsgebender, spanischer Gegenwartsdramatiker:innen.

Wir hoffen, dass dieses Heft Neugier weckt und Verknüpfungen stiftet. Viel Spaß beim Lesen!
Wir sehen uns auf der Buchmesse! //

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