Ein Anblick der Verwüstung. „Bodenlos“ – so hieß eine Schockinstallation des Künstlers Hans Haacke. Der hatte 1993 den deutschen, an monumentale NS-Zeiten erinnernden Pavillon in Venedig als zerstörte Zone mit herausgerissenen Bodenplatten präsentiert – bei der ersten Biennale nach der deutschdeutschen Vereinigung. Die glatt gestampfte Geschichte, sie brach wieder auf.
Die Bühne von Anja Rabes – im März 2016 im Stuttgarter Kammertheater – erinnert ein bisschen daran. Auch hier: lauter weiße zerschlagene Steinplatten. Der Boden ein kaum mehr begehbares Trümmerfeld. Ein Scherbenmeer. Eine Grabungszone? Jeder Schritt ist gefährlich, die Splitter krachen, man kann leicht einbrechen. Es ist ein desolates, ein wuchtiges Bild – für die Folgen von Krieg und Zerstörung. In dieser Schuttzone werden wir Zeugen einer Spurensuche, die von 1941 bis 1989 ausgreift: „I’m searching for I:N:R:I (eine Kriegsfuge)“ heißt das neue Stück von Fritz Kater – jenem Pseudonym, hinter dem sich Armin Petras verbirgt, der Stuttgarter Schauspielchef (siehe auch Stückabdruck in TdZ 3/2016). Der Titel wirkt etwas aufgeklebt – denn gesucht wird hier nicht ein verlorener Glaube, nicht Jesus am Kreuz, sondern die verschüttete Wirklichkeit unter allen möglichen Überschreibungen. Katers Stationendrama erzählt von einer Liebe in der Nachkriegszeit. Maibom, ein Nazi-Jäger, und Rieke, seine Partnerin, verbergen ihre früheren...