Theater der Zeit

Grußwort

von Hortensia Völckers und Alexander Farenholtz

Erschienen in: Fünfzig Theatertreffen – 1964 –2013 (04/2013)

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„Geliebt, gebetet, gesegnet, gesungen, getanzt“, wurde auf der Bühne, „gebadet, geduscht, gestritten, gefoltert, gepeitscht, gemordet, geköpft“ – so schreibt es der „Spiegel“ im Jahr 1964 in einer begeisterten Besprechung einer der allerersten Theatertreffen-Produktionen überhaupt: Peter Weiss‘ „Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats“. „Wahnsinn und Methode spielen miteinander, gegeneinander und durcheinander.“ Gut fünfzig Jahre später – und im beinahe zehnten Jahr der Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes – hat sich wenig geändert daran, dass sich Berlin jedes Frühjahr zum lustvoll pulsierenden Kraftzentrum des deutschsprachigen Theaters aufschwingt.

Seit 1964 haben rund fünfhundert Produktionen die Berliner Spielstätten erobert, Politiker und Intendanten sind gekommen und gegangen, die DDR – der gegenüber das kulturpolitische Unternehmen „Theatertreffen“ einst aus der Taufe gehoben wurde – ist unaufhaltsam abgestiegen, das Volk hat dem Mauer-Staat den Prozess gemacht und ein freies Europa gewählt, das mittlerweile jedoch so viele Menschen draußen vor der Tür lässt, dass manche vom Endspiel der EU zu sprechen beginnen. Dennoch: Das Berliner Theatertreffen hat in seinen ersten fünfzig Jahren über alle historischen Etappen hinweg immer weitergemacht, so dass die Kulturstiftung des Bundes ihm auch für die zweiten fünfzig Jahre phantastische Jurys, phänomenale Produktionen und viel Glück wünschen darf. Bei alldem ist das Theatertreffen lange schon kein Repräsentationsvehikel im Dienste kulturpolitischer Westanbindung mehr. Stattdessen wirkt es weit über die Grenzen der Hauptstadt hinaus und zugleich tief in die lokale Theaterszene hinein. Festen Spielstätten – immer öfter auch Gruppen der freien Szene – verschafft die Fahrkarte nach Berlin ein daheim oft sehr wirkungsvolles Plus an Anerkennung und künstlerischer Freiheit; beim Festival selbst können Profis aus den verschiedensten Theaterberufen auf Tuchfühlung gehen – miteinander und vor allem auch mit einem Publikum, das „sein“ Theaterfestival feiert als eine „einzigartige Konzentrationsübung, Welt abzubilden, Welt zu durchschauen, Welt zu erfinden“ (Hermann Beil). Dass dies Jahr für Jahr gelingt, macht das Theatertreffen weit über die Landesgrenzen hinaus nicht bloß „bemerkenswert“, sondern schlicht unverzichtbar.

 

Hortensia Völckers
Vorstand / Künstlerische Direktorin Kulturstiftung des Bundes

 

Alexander Farenholtz
Vorstand / Verwaltungsdirektor Kulturstiftung des Bundes

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