Magazin
„Schließlich habt ihr die Theaterlandschaft revolutioniert!“
Die Flensburger Theaterwerkstatt Pilkentafel sucht nach Möglichkeiten, ihr „Vermögen zu vererben“
von Henning Fülle
Erschienen in: Theater der Zeit: Barbara Mundel – Stürzende Gegenwart (12/2022)
Assoziationen: Schleswig-Holstein
Hand aufs Herz, verehrte Leserschaft: Kennen Sie die Theaterwerkstatt Pilkentafel, das Theaterlabor Bielefeld, das Theater Combinale oder das Theater neben dem Turm? – Nein? Dabei stehen diese Namen für die vielen Theatergruppen, die seit den siebziger Jahren die (west-)deutsche Theaterlandschaft revolutioniert haben.
Ihre Gründer:innen, geboren in den fünfziger Jahren, waren Teil jener Bewegung, die „anders leben und anders arbeiten“ wollte und mit der Umsetzung ihrer beispielgebenden Ideen gleich auch die ganze Gesellschaft umkrempeln. Einen ersten Höhepunkt erreichte sie im Februar 1978, als sich beim „TUNIX-Kongress“ in der Technischen Universität in West-Berlin mehrere Tausend Mitstreiter:innen versammelten, die sich anschickten, mit ihren Projekten die andere Gesellschaft im Hier und Jetzt zu realisieren.
Als „Selbstermächtigung“ beschreibt auch Elisabeth Bohde die Gründung ihrer Theaterwerkstatt Pilkentafel Anfang der achtziger Jahre in Flensburg. Sie hatte bereits in ihrer Schulzeit bei Workshops erste Theatererfahrung gesammelt, bevor sie zum Studium an die Universität von Aix-en-Provence aufbrach. Nach dem Abschluss als „Comédienne Animatrice“ verschlug es sie als Theaterpädagogin nach Nürnberg zum Kulturreformer Hermann Glaser, von wo aus sie aber schon bald als werdende Mutter nach Flensburg zurückkehrte und sich dort im Haus Pilkentafel 2 – so die Anschrift des fast dreihundert Jahre alten Hauses – selbstständig machte, Theaterkurse anbot...
