10.3 Nutze deine geistigen Fähigkeiten
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Wie wir im Kapitel Behaupte gesehen haben, sind wir im Improtheater in der Lage, selbst größere Wissenslücken zu überspielen. Wir können Namen tansanischer Kleinstädte oder Bezeichnungen chemischer Verbindungen erfinden, wir können Vorgänge im Sicherheits-Bereich des amerikanischen Präsidenten genauso simulieren wie die Diskussion in der Chef-Etage eines Finanz-Consulting-Unternehmens.
Und umgekehrt muss man sich nicht dümmer stellen als man ist. Wenn du Bukoba oder Fettalkoholpolyglycolether kennst oder Waffentypen von Security-Firmen benennen kannst und dich mit dem Procedere von Mikrokrediten auskennst, schadet das der Improvisation sicherlich nicht, sondern bereichert sie.
Manche Impro-Spieler schämen sich, ihr Wissen gezielt auf der Bühne einzusetzen. Lieber bleiben sie selbst in Bereichen, in denen sie sich auskennen, auf der Ebene des Quatsch-Behauptens als auch nur einen Funken ihres Wissens einzusetzen. Sie glauben, ihr Wissen sei nicht so besonders, das Publikum würde sich nicht dafür interessieren oder ihre Allgemeinbildung würde nicht ausreichen. All das sind aber nur Ausreden. Erstens ist es den Zuschauern im schlimmsten Fall egal, ob du dir deine Bühnenwahrheit ausdenkst oder aus deinem Wissen schöpfst, im besten Falle aber erkennen sie es an und freuen sich darüber, etwas gelernt zu haben. Zweitens ist jedes Wissen ziemlich speziell und besonders. Wir neigen manchmal dazu, unser eigenes Alltagswissen...