Das Haus III der Justizvollzugsanstalt Tegel ist ein imposanter Bau. Ende des vorletzten Jahrhunderts fertiggestellt, atmet es den Geist berühmt-berüchtigter Gefängnisse wie Alcatraz oder Sing Sing. Endlos wirkende Flure gehen strahlenförmig von Türmen ab. Mehrgeschossig erhebt sich die Anlage, Zelle über Zelle, Zelle an Zelle. In diesem vor wenigen Jahren leer geräumten Bau – vor allem sogenannte „Langstrafer“ saßen hier einen Teil ihrer Lebenszeit ab – führt aufBruch seine mittlerweile 50. Produktion auf. Die Wahl des Stückes – Heiner Müllers „Philoktet“ – ist doppelt konsequent. Kaum eine Produktion ohne das eine oder andere Müller-Zitat brachte aufBruch-Regisseur Peter Atanassow in den letzten Jahren heraus. Da wurde es Zeit für einen kompletten Müller. Klare Machtanalysen sind Müllers wie auch Atanassows Sache; wer im Knast steckt, schreibt die Machtanalysen zwangsläufig mit dem eigenen Leib. Es passt also. Zweitens ist Philoktet ja selbst ein „Langstrafer“. Zehn Jahre hauste er laut Homer auf einer einsamen Insel, weil seine gen Troja ziehenden Kampfgenossen den Gestank seiner Wunde und die Phonstärke seiner Schmerzensschreie nicht mehr ertragen wollten. Eine Dekade Einzelhaft.
Das gute Dutzend Männer, einige von ihnen durch prosaischere Straftaten wie Postraub oder Betrug durch Internethandel hinter Gittern, kann sich leicht in diese Lage einfühlen. Wer andere...