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Kunst: Kein Vorher, kein Nachher
Erschienen in: Theater der Zeit: System startet neu – Über den Einbruch der Performance in die Oper (11/2014)
Mariana Castillo Deball ist Mexikanerin. Vielleicht erzählt sie deshalb gern Geschichten? Zum Beispiel die, dass sie einmal jemanden getroffen habe, der ein hervorragendes Gedächtnis besaß und sich an alles erinnern konnte. Dann traf sie jemanden, der überhaupt gar kein Gedächtnis hatte, dem man ein und dieselbe Geschichte mehrmals erzählen konnte, ohne dass er sich je daran erinnern würde. Daraufhin begann sie zu experimentieren, Geschichten, die sie erzählte, immer weiter auszudehnen, bis irgendwann ein fiktiver Raum entstand, in dem man herumspazieren und sich doppelt und dreifach begegnen konnte. Sollte das der Fall sein, würde ihrer Ansicht nach das Heute aufhören mit dem Morgen übereinzustimmen, oder anders: Auch der morgige Tag würde sich anfühlen wie gestern oder vorgestern. Wer den Arbeiten von Castillo Deball begegnet, wird niemals auf eine bestimmte Reihenfolge oder lineare Anordnung stoßen. Man dürfte dort kaum einfach Wissen abschreiten oder ein Vorher und Nachher erkennen. Wir bemerken nur – wie es die gegenwärtige Preisträgerin für junge Kunst, verliehen von der Berliner Nationalgalerie, ausdrückt –, dass etwas anderes dazwischenkommt.
So etwas geschieht auch in ihrer jüngsten Ausstellung im Hamburger Bahnhof, die sie mit Parergon übertitelte. Übersetzt aus dem Altgriechischen heißt die Schau „Beiwerk“. Castillo Deball hat dafür einige bis dato...