Erinnerung an eine Revolution in Minsk
„Kaltes Erwachen im langsamen Fahrstuhl zum Blick auf die rasende Uhr. Ich stelle mir die Verzweiflung von Nummer Eins vor. Seinen Selbstmord. Sein Kopf, dessen Porträt alle Amtsstuben ziert, auf dem Schreibtisch.“
2016, vor vier Jahren, spricht Corinna Harfouch diese Zeilen aus Heiner Müllers Revolutionsstück „Der Auftrag“ in Minsk, auf der Bühne des Kulturpalastes des Automobilwerks (MAZ). Das Schauspiel Hannover ist mit der Inszenierung von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner zu Gast beim TEART Festival in der belarussischen Hauptstadt. Hier haben Müllers Zeilen auf einmal eine Dringlichkeit, an die in Hannover nicht zu denken ist. Es ist klar, auf wen die Leute den Text beziehen. Das Gastspiel ist ein Coup des Goethe-Instituts und der findigen Festivalleiterin Angelika Kraschewskaja. Hauptsächlich finanziert wird TEART von der Belgazprombank. Die Werbejingles vor jeder Aufführung sind gewöhnungsbedürftig. Hinter dieser Förderung steht der Bankmanager Viktor Babariko, ein ebenso schwerer wie lebenslustiger Theater- und Kunstenthusiast, der sich die Förderung belarussischer Kunst und den Austausch über europäische Grenzen hinweg auf die Fahnen geschrieben hat.
Heiner Müllers Revolutionsstück 2016 in Belarus: Noch ist von der Präsidentschaftskandidatur Babarikos keine Rede, und auch an die Hunderttausende auf den Straßen des Landes ist nicht zu denken....