Theater der Zeit

Magazin

Frivol und moralisch

„Faust“ als Puppenspiel – ein Gastspiel des Hermannshoftheaters Wümme auf Hiddensee

von Claudia Ingenhoven

Erschienen in: Theater der Zeit: Zwillingsbruder eines Bürgerkriegs – Wajdi Mouawad und der Libanon (09/2020)

Die beiden jungen Männer sehen aus, als seien sie gerade vom Strand gekommen, noch barfuß. Unbedingt wollen sie diese „Faust“-Inszenierung sehen, aber die Vorstellung ist ausverkauft, wie alle Abende des Gastspiels. Antje König, die Puppenspielerin vom Hermannshoftheater Wümme, ist hier schon einmal bejubelt worden. Die jungen Männer vertreiben sich die Zeit mit ­Mückenklatschen und haben schließlich Glück: Eine nicht abgeholte Reservierung – und zwei Klappstühle sind ihre.

Karl Huck, der Hausherr des Homunkulus, einer zweiten Spielstätte der See­bühne Hiddensee, ist auch der Regisseur des Abends. Seit Langem arbeitet er mit dem Hermannshoftheater zusammen. Er begrüßt im Publikum seinen Studienfreund Jörg Schüttauf und überprüft die Abstände des locker bestuhlten Raums, in dem vor Corona hundert Gäste Platz gefunden haben, heute nur 24.

Antje König hat bisher erst einige wenige Vorstellungen dieses „Faust“ gespielt. Dass der Lockdown auch sie zum Pausieren gezwungen hat, ist ihr nicht anzumerken. In taubenblaue Laken gehüllt, liegt sie im Bett. Ganz jung sieht sie aus, wenn sie als Gretchen versonnen das Lied von der Ratte singt, der es eng wurde in der Welt, „als hätt’ sie Lieb’ im Leibe“. Im Arm hält sie ihre Puppe, ihr Gretchen, und gleich im ersten Bild deutet sich an, wie die...

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