Look Out
Der ICE hält hier nicht
Der Dramatiker Johannes Hoffmann erforscht in seinen Stücken den kleinstädtischen Raum
Erschienen in: Theater der Zeit: Je suis Charlie (02/2015)
Johannes Hoffmann recherchiert viel, bevor er seine Stücke in Angriff nimmt. Er besucht Orte, geht in Archive, trifft Menschen zu Interviews. Das ist eine Suchbewegung, die das dramatische Arbeiten des 34-Jährigen wesentlich mitbestimmt: „Je mehr ich weiß, umso mehr entwickelt sich etwas, das ich noch gar nicht wissen kann“, sagt er. Für das Amokstück „Mordbrenner“ fuhr der aus Graz stammende Dramatiker nach Mühlhausen bei Ludwigsburg. Dort hatte 1913 der Hauptlehrer Ernst August Wagner seine fünfköpfige Familie und neun weitere Dorfbewohner umgebracht. Diese zarte, spinnwebfeine Fallstudie, Hoffmanns bisher umfänglichstes Stück, macht auf subtil vivisezierende Weise die fatalen Konsequenzen eines schmerzhaften Schuldgefühls nachvollziehbar. Chorische Schleifen skizzierten in Krzysztof Minkowskis Inszenierung am Konservatorium Wien Privatuniversität das Dorfspektrum.
Der 1981 geborene und eigentlich zum Schauspieler ausgebildete Johannes Hoffmann sondiert am liebsten die Lebensumstände in kleinstädtischen Landstrichen. Das könnte mit seinem Aufwachsen in der doch nicht allzu großen Stadt Graz zu tun haben, meint er. Erst nach längeren Engagements am Next Liberty Theater in Graz und danach am Theater Paderborn reifte der Entschluss zum Studium des Szenischen Schreibens (2011 bis 2013) am Drama Forum von uniT, dem Verein für Kultur an der Karl-Franzens-Universität Graz. Erst dadurch wurde für ihn das Schreiben „legitimiert“, auch wenn er...