Ausland

Frauen am Rande der Mafia

Das italienische Theater entdeckt in den Aussteigerinnen krimineller Clans Bühnenfiguren, die den allmächtigen Strukturen ihres Landes die Stirn bieten

von Tom Mustroph

Erschienen in: Theater der Zeit: Hasta la vista – Bierbichler, Fiebach, Kuttner, Quiñones, Vanackere. Ein Brennpunkt zur Neubesetzung der Berliner Volksbühne (06/2015)

Eine Frau, zwei weiße Stühle. Dahinter eine Projektionsleinwand, auf der Bilder von Frauen auftauchen, Heilige sowie der bewölkte Himmel Kalabriens. Mit diesen einfachen Mitteln erzählt Rosy Canale ihre Geschichte vom Kampf gegen die ’Ndrangheta. Canale war Betreiberin eines Szenelokals und erteilte den Drogendealern der kalabrischen Mafia-Organisation Hausverbot. „Ich will diesen Dreck nicht“, sagte sie ihnen und meinte dabei nicht die Qualität des Kokains, sondern das kriminelle Geschäft mit der Sucht überhaupt. Resultat dieser Zivilcourage: Sie wurde von maskierten Männern auf einem Motorrad verfolgt und musste in das schwarze Loch des auf sie gerichteten Laufs einer Pistole blicken.

Canale berichtet in dem Theatermonolog „Malaluna“ in eigener Person davon. Die Produktion tourte durch Italien, von Kalabrien im Süden über Rom bis hoch nach Mailand, Turin und Triest. Canale wurde Antimafia-Aktivistin, gründete nach den ’Ndrangheta-Morden in Duisburg eine Antimafia-Organisation in San Luca, dem Heimatort der Killer wie der Opfer.

„Malaluna“ ist Teil eines neuen Trends im italienischen Theater, sich dem Thema Mafia über Frauenbiografien zu nähern. Biografien von emanzipierten Frauen, die sich wie Canale gegen die Mafia wehren. Biografien von sich emanzipierenden Frauen, die sich aus der familiären Zugehörigkeit zur Mafia herauslösen – etwa in Gestalt Rita Atrias, einer der frühesten Aussteigerinnen aus...

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