Magazin
Das Leben ist kein Legospiel
Zehn Tage voller Gefühlsturbulenzen und Selbsterkenntnisprozesse beim diesjährigen Heidelberger Stückemarkt
von Björn Hayer
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater Thikwa Berlin: Ungezähmtes Spiel (06/2018)
Theodor W. Adornos berühmte Feststellung „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ könnte man als das Motto des diesjährigen Heidelberger Stückemarkts bezeichnen. Zehn Tage voller Gefühlsturbulenzen und schmerzhafter Selbsterkenntnisprozesse auf den Bühnen sind vorbei. Zehn Tage, in denen der Zuschauer allerlei Figuren begegnete, die mit sich oder mit ihrer Zeit hadern und gegen eigene Lebenslügen ankämpfen. In dem herausragend arrangierten Gastspiel von Ewald Palmetshofers „Vor Sonnenaufgang“ (Theater Basel) unter der Regie von Nora Schlocker zerbricht über Nacht eine ganze Familie an ihrem eigens geschaffenen Gefängnis, und in der funkensprühenden Wiener Inszenierung „Ja, eh! Beisl, Bier und Bachmannpreis“ (Rabenhof Theater), beruhend auf Texten von Stefanie Sargnagel, hadert die Endzwanzigergeneration mit ihrer Identität und dem Überangebot an Möglichkeiten in der Spätmoderne.
Auch das Eröffnungsstück stand ganz im Zeichen der Reflexion bitterer Wahrheiten. Mit „Kluge Gefühle“ traf die Autorin Maryam Zaree zwar im vergangenen Jahr ins Herz der Jury, die ihr den renommierten Stückepreis verlieh, die Realisierung des Stücks mochte jedoch trotz schauspielerischer Grandezza wenig überzeugen. Das Drama um eine erfolgreiche Anwältin (Sophie Melbinger), welche unversehens mit der tragischen Vergangenheit ihrer Mutter, einem Folteropfer der iranischen Despotie, konfrontiert wird, bleibt durch ambitionslose Regie (Isabel Osthues) sowie ein einfallsloses Bühnenbild (Jeremias Böttcher) fad. Lediglich...