Dieses Theater der Zeit Spezial, das dem tschechischen Theater gewidmet ist, erscheint in einem Jahr, in dem die Tschechische Republik die Jahrestage gleich mehrerer Ereignisse begeht, die in ihrer Geschichte eine wesentliche Rolle gespielt haben: die Gründung der Tschechoslowakei 1918 und das Münchener Abkommen von 1938, mit dem sie kurzerhand wieder für mehrere Jahre von der Landkarte verschwand, der kommunistische Putsch 1948, durch den die Tschechoslowakei für vierzig Jahre Teil des Ostblocks wurde und hinter dem Eisernen Vorhang landete, die sowjetische Besatzung 1968 und schließlich die Gründung der Tschechischen Republik 1993, also vor 25 Jahren.
Die Geschicke des tschechischen Theaters spiegelten immer die Geschicke der böhmischen Länder wider, was nichts Außergewöhnliches ist. Ungewöhnlich ist allerdings das Maß, in dem das tschechische Theater die Geschichte und die politische Entwicklung des Landes mit beeinflusst hat, angefangen mit dem Prozess der nationalen Emanzipation im 18. und 19. Jahrhundert bis hin zur Samtenen Revolution von 1989, als das Theater eine wesentliche gesellschaftspolitische Rolle spielte und als ein weltberühmter Dramatiker Staatsoberhaupt wurde. Obwohl dieses Heft vor allem den Status Quo des tschechischen Gegenwartstheaters beschreibt und seine wesentlichen Protagonisten vorstellt, kommen deshalb auch historische Reflexionen mit zur Sprache, die die Entwicklungslinien der Theaterkultur entlang der politischen Brüche skizzieren.
Dieses TdZ Spezial entstand in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Czech Theatre, die seit 1991 auf Englisch erscheint und Informationen über die wesentlichsten Ereignisse des tschechischen Theaterlebens liefert. Sie wird herausgegeben vom Prager Institut umění – Divadelní ústav (IDU).