Heiner Müller sagte über ihn: „Der Regisseur Fritz Marquardt (daneben gibt es den zum Schaden unserer Literatur unbekannten Autor, den Maler und Zeichner auf der Flucht vor dem Repertoirebetrieb und den Schauspieler im Film) gehört einer seit Kortner auf dem deutschen Theater seltnen Spezies an: er geht mit den Texten und, was in der Arbeit gelegentlich zu Zerreißproben führt, die erst nach der vierten oder fünften Aufführung sich als Geburtsakte zeigen, mit den Schauspielern um wie ein Bildhauer mit seinem Material, Gips Stein oder Bronze.“
Eine seltene Spezies ist er jedoch nicht nur durch seine Theaterarbeit. Einzigartig aber ist Marquardt durch die zornige Unbeugsamkeit und mitunter fast selbstzerstörerische Wahrhaftigkeit, die sein Leben prägte. 1928 geboren im Warthebruch in der Neumark, umfasst seine Biografie schon vor dem ersten Kontakt mit dem Theater mehr Stationen, als ein veritabler Bildungsroman benötigt: Landarbeiter, Traktorist, Lagerarbeiter, Neubauer im Oderbruch, Philosophie/Ästhetik-Student bei Wolfgang Heise in Berlin, Dorfzeitungsredakteur, Kreissekretär für Jugendweihe in Seelow, Bauhilfsarbeiter im Erdölkombinat Schwedt. Mitte der 60er Jahre findet Marquardt zum Theater, wo er Anstöße gibt und zum ständigen Stein des Anstoßes wird. Dennoch oder deswegen wird er zu einem der wichtigsten Regisseure der Berliner Volksbühne in der Ära Benno Besson. Später inszeniert er auch im Westen – in Amsterdam, Bochum und München –, ehe er nach der Wende gemeinsam mit Heiner Müller und Peter Zadek die Leitung des Berliner Ensembles übernimmt. Zum 80. Geburtstag Fritz Marquardts am 15. Juli 2008 legt Theater der Zeit einen Bild-Text-Band vor, in dem erstmals Persönlichkeit und Werk gewürdigt werden. In ausführlichen Gesprächen gewährt Marquardt Einblick in sein Leben und sein Schaffen,Weggefährten erzählen von der gemeinsamen Arbeit, zahlreiche Illustrationen (die auch den bildenden Künstler Marquardt vorstellen) und Dokumente vervollständigen das Bild. Und als Dreingabe enthält der Band den vollständigen Wiederabdruck der 1965 geschriebenen Erzählung „Widder im Dornbusch“ und bringt so auch den unbekannten Autor Fritz Marquardt zu Ehren.