Magazin
Wirklich unwirklich
Im April starb die niederländische Schauspielerin und Theaterregisseurin Cox Habbema
von Olaf Brühl
Erschienen in: Theater der Zeit: Isabelle Huppert: Exklusiv im Gespräch (06/2016)
Cox Habbema, die Fremde, kam mit ihrer Stimme (violagefärbt, holländisch schmeichelnd) 1969 in unsere DDR-Enklave, von jenem anderen, fernen, uns unerreichbaren Stern: Amsterdam, Welthafen, Paralleluniversum. Cox Habbema, als Schauspielerin immer Wesen aus einer Zwischenwelt – nicht nur im Film, nicht nur im Drachendrama auf der Theaterbühne märchenhaft und mehr wissend, immer die kluge Tochter, schön, goldhaarumwallt und in stiller, warmherziger Überlegenheit. Sie sah genau auf die Dinge, mit Vernunft und wohlwollender Unbestechlichkeit, quasi real angewandter Poesie. Irgendwie sehr sozialistisch!
Als ich 1977 nach Berlin reiste, fand im Deutschen Theater just die 500. Aufführung von Jewgeni Schwarz’ „Der Drache“ statt: mit Rolf Ludwig, Eberhard Esche, Horst Drinda – und als Else: Cox Habbema. Da stand sie, gab Widerworte und Zärtlichkeit, zeigte widerstreitende Gefühle und Gedanken, ganz stark, ganz präzise, störrisch liebend, mit Vehemenz.
Jahrzehnte später wurde auf dem Prenzlauer Berg ein kleines Theaterchen mit ihrem Namen eröffnet: für die Peter-Hacks-Gesellschaft. Cox Habbema unterstützte es, engagierte sich, jahrelang, um bis zuletzt das Werk des befreundeten Dichters und Dramatikers präsent zu halten inmitten einer Welt bornierter Ignoranz, wissentlicher Unwissenheit (Ende 2015 wurde es geschlossen). Dort durfte ich ihr begegnen. Da stand sie, ganz wirklich unwirklich, wie immer, schön, wie immer, sanft. Sie konnte...