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Literatur
Cranach, hilf!
von Katrin Schuster
Erschienen in: Theater der Zeit: Feuer und Eis – Theater im ostsibirischen Jakutsk (01/2015)
Ein großes Wasserbecken besetzt die Mitte des Gemäldes „Der Jungbrunnen“ von Lucas Cranach d. Ä., links tapern gebrechliche Frauen mit hängenden Brüsten hinein, rechts hüpfen die Verjüngten fidel, nass und nackt heraus: Es braucht keinen Gott, um den Tod abzuwenden, sondern einen Maler. „Wenn nichts mehr hilft, hilft Cranach“, lautet das Mantra des Ich-Erzählers in dem zweiten Roman der österreichischen Autorin (und Malerin) Teresa Präauer. Denn auch in Johnny und Jean stehen nicht weniger als Kunst und Leben und vor allem deren Zusammenhang auf dem Spiel.
Mit einer Nacherzählung ist diesem Roman mithin wenig gedient, da er seinen inhaltlichen Konformismus mit sichtlich ironischem Vergnügen ausstellt. Zwei Jungs vom Dorf ziehen in die „zweitgrößte Stadt“ des Landes, um Künstler zu werden, und in den Sommerferien fährt man auf Interrail. Der eine reüssiert bei Kommilitonen, Galeristinnen und Kritikern. Der andere, der Ich-Erzähler, zeichnet erst nur Fische, dann das Nichts in Form weiß grundierter Leinwände, dann wieder Fische; nichts wünscht er sich sehnlicher, als mit dem einen befreundet zu sein (außer vielleicht das erste Mal Sex zu haben).
Der Titel des Romans nennt die Namen der beiden – und nennt sie doch nicht, denn weder heißt Jean Jean noch Johnny Johnny. So taufen...