Kriegsgefangenschaft
von Bruno Flierl
Erschienen in: Selbstbehauptung – Leben in drei Gesellschaften (05/2015)
Noch am 29. März 1945 wurde ich ordnungsgemäß als Kriegsgefangener registriert. Das von mir als prisoner of war unterzeichnete Dokument, mit der Ortsangabe Obernau bei Aschaffenburg und dem Datum 3/29/1945, ging als Information über das Rote Kreuz an die Adresse meiner Mutter in Bayern und kam nach einiger Zeit dort auch tatsächlich an, wie ich später erfuhr. Mit vielen anderen Gefangenen übernachtete ich vor dem Regen geschützt in einer Schule auf dem mit Stroh ausgelegten Fußboden eines Klassenraums. Zuvor hatte uns im Schulhof ein amerikanischer Offizier in gutem Deutsch, aber sichtlich schadenfroh mitgeteilt, dass den eingetretenen Umständen entsprechend kein Nobelhotel für uns zur Verfügung stehe, aber bei Regen sei eine Schule besser als nichts. Am nächsten Tag – es war Karfreitag – ging es nach kurzer, wenn auch knapper Nahrungsaufnahme auf Lastkraftwagen nach Worms. In einem noch östlich des Rheins gelegenen Kriegsgefangenenlager bekamen wir, auf amerikanische Art in Einmann-Kleinstportionen verpackt, etwas zu essen: Weißbrot, Käse, Milchpulver und Kaffeepulver, das wir uns jeweils zu viert teilen mussten. Nachts schliefen wir im Freien. Zum Glück regnete es nicht mehr.
Tags darauf bestiegen wir Transportfahrzeuge mit riesigen Ladeflächen, so groß, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Neunzig Mann hatten da stehend Platz....