Aufführungsmaterialien
von Rainer Simon
Erschienen in: Recherchen 101: Labor oder Fließband? – Produktionsbedingungen freier Musiktheaterprojekte an Opernhäusern (02/2013)
Neben den Solo- und Kollektivdarstellern sind Aufführungsmaterialien wie zum Beispiel das Bühnenbild, die Kostüme, das Licht, aber auch die musikalischen Klänge wichtige Bestandteile sowohl traditioneller als auch freier Musiktheateraufführungen. Differenzen zwischen freien und traditionellen Produktionen lassen sich zunächst einmal hinsichtlich der Verwendung dieser Aufführungsbestandteile festmachen: Wie alles innerhalb traditioneller Opernaufführungen stehen auch die Aufführungsmaterialien im Dienste der Werkvorlage und deren Interpretation. Dementsprechend bestimmt Jacobshagen die Funktion des Bühnenbildes, die sich in ähnlicher Weise auch auf andere Bühnenmittel übertragen ließe: „Die Bühnenraumgestaltung unterstützt die Aussagen eines Bühnenwerks und die Intentionen der jeweiligen Inszenierung.“63
Mit der Hinterfragung des „Textprimats“ geht in vielen freien Musiktheaterproduktionen eine „Dehierarchisierung“ der Mittel einher. Die verschiedenen Aufführungsmaterialien nehmen nicht länger die monomediale Funktion ein, eine Textinterpretation zu übermitteln, sondern werden zu eigenständigen, dem Textmaterial gleichwertigen Aufführungsbestandteilen. Jürgen Schläder sieht in dieser Gleichwertigkeit der Bühnenmittel eines der größten Experimentierfelder neuerer Musiktheaterproduktionen und veranschaulicht jene abermals anhand von Heiner Goebbels’ Eraritjaritjaka. Hier würden die unterschiedlichen Theatermittel Musik, Körper, Licht, Requisite, Raum, Text und Film innerhalb eines Wechselspiels sukzessive als Einzelne hervortreten und sich am Ende ineinander verschränken. Goebbels selbst betont in seinen Überlegungen zur Produktion von Eraritjaritjaka, dass eine Gleichberechtigung der Mittel nicht nur durch ihr...