Theater und Politik
Auf der politischen Bühne
Tschechische Selbstreflexion – mit Ironie, und ohne
von Kamila Černá
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Tschechien (09/2018)
Assoziationen: Europa
Die Veränderungen im politischen System ab 1989 bedeuteten für das tschechische Theater paradoxerweise einen Verlust. Es büßte seine Stellung ein, die es in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre und später nach der Samtenen Revolution errungen hatte. Theater war nun nicht mehr das politische Forum, das aktuelle gesellschaftliche Ereignisse reflektierte, das die Rolle der – vor 1989 nicht vorhandenen – freien Medien übernahm. In den 1990er Jahren kehrte das Theater politischen Themen absichtlich den Rücken zu, als wollte es die Zeit genießen, in der es nun nach vielen Jahren nicht mehr nötig war, mit Allegorien gegen die offiziellen Machthaber anzuspielen – was bereits seit den Zeiten der Habsburger-Monarchie das Schicksal des tschechischen Theaters gewesen war.
Inszenierungen, die sich zum Zustand der politischen Kultur und der Demokratie in der Tschechischen Republik äußerten oder die jüngste Geschichte neu reflektierten, tauchten erst im darauffolgenden Jahrzehnt auf. Man kann sie in drei Gruppen aufteilen.
Der skandalträchtigen und unbeholfenen tschechischen Politik ist es zu verdanken, dass das Genre der politischen Satire vermehrt auf den tschechischen Theaterbühnen zu finden ist. Auf ein großes Echo stieß in letzter Zeit zum Beispiel ein Stück über Jiří Ovčáček, den unbeliebten und verlachten Pressesprecher von Präsident Miloš Zeman; es trägt...