Übergang in die DDR – Vision ohne Illusion
von Bruno Flierl
Erschienen in: Selbstbehauptung – Leben in drei Gesellschaften (05/2015)
Meine Entscheidung, in den Osten zu gehen, war das Ergebnis politischen Denkens, zu dem ich in der politisch-ideologisch geprägten Auseinandersetzung zwischen Ost und West Schritt für Schritt gelangt war – vor allem bei der Suche nach Antworten auf die Fragen zur Vergangenheit und zur Zukunft Deutschlands und der Welt, um in der Gegenwart vernünftig urteilen und handeln zu können. Dabei half mir in erster Linie der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, der 1945 von Johannes R. Becher, unterstützt von Kulturoffizieren der SMAD, gegründet worden war und den ich über seine rege kulturpolitische Tätigkeit in Ost-Berlin kennen und schätzen lernte. Er half mir weitaus mehr als die geistig-kulturelle Welt der Hochschule für Bildende Künste, an der ich im Herbst 1948 mit dem Architekturstudium begonnen hatte. Dort eröffnete sich mir im Kontext der Kunst auf begeisternde Weise die Welt der modernen Architektur, wie sie uns jungen Studenten von Lehrkräften dargeboten wurde, die in den zwanziger Jahren das Neue Bauen entwickelt hatten und zum Teil dem Bauhaus entstammten – und also gegen die Tradition der Nazi-Architektur gefeit waren.
Dazu gehörten vor allem Georg Neidenberger, der uns die Grundlagen der Bauhaus-Lehre beibrachte, und Eduard Ludwig, der mein Seminarleiter war. Aber sie hatten mehr oder...