Dresden
Aus der Praxis eines Kabaretts
Erschienen in: Theater der Zeit: Stoff, Inhalt, Form (08/1946)
Der Unterdrückte, der Unfreie, der seiner geistigen Freiheit durch Gewaltherrschaft beraubte Mensch lebt während der Schreckensherrschaft in Gedanken an seine Freiheit, und wenn er diesen Gedanken Ausdruck gibt, spricht er oft weniger über die Nutzung der ersehnten Freiheit als von seinem Verlangen nach Freiheit, nach Befreiung aus seiner unwürdigen Lage an sich.
So fanden wir die Situation, als wir nach dem Zusammenbruch auf die Entfaltung großer dramatischer Talente hofften. Den Widerstandsgruppen gegen Terror und Unterdrückung gehörten viele geistig bedeutende Männer an, deren Beruf die Feder war. So hatten wir auf einige Werke gehofft, die nach dem Zusammenbruch ihre Gültigkeit behalten sollten. Doch die inzwischen veröffentlichten Arbeiten wirken heute lediglich als historische Dokumente, und ihre Aufgabe ist erfüllt.
Sie haben aber für die Zukunft stets die Bedeutung einer furchtbaren Mahnung in bezug auf die völlige Anarchie des menschlichen Charakters, seine negative Entwicklung, der durch Eitelkeit und Selbstüberheblichkeit zu einer großen Sinnlosigkeit aufgetrieben wurde.
In einem anderen aktuellen Sinne, auf der Grundlage einer richtungweisenden Idee zu einem Ziel, mußten die meisten Autoren auch bald einsehen, daß die Texte, die noch vor einigen Jahren als brauchbar für die kommende Zeit gelten konnten, der Gegenwart nicht mehr standhielten, denn. der Widerpart fehlte. Die erregende,...