Die bewegliche Zunge
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Zwischen dem weit aufgespannten Rachen und Gaumen und dem gelösten Kiefer bewegt sich die Zunge. Sie verändert durch ihre Gestalt die Vokalklänge und ermöglicht die Konsonantenbildung. Neun Muskeln bewegen unsere Zunge in alle Richtungen und lassen ungeahnte Formveränderungen zu. Bestehend aus der Zungenspitze, dem Zungenkörper und der Zungenwurzel dient sie primär der Nahrungsaufnahme. Mit ihrem vorderen und mittleren Teil kann sie Nahrung tasten, schmecken, einspeicheln und im Mund bewegen. Um das Schlucken zu ermöglichen, ist der hintere Teil, die Zungenwurzel, über das Zungenbein mit dem Kehlkopf und mit dem Mundboden verbunden.
Wir schlucken bis zu 2000 Mal am Tag. Eine frei bewegliche und flexible Zunge ist eine gute Voraussetzung sowohl für einen offenen Stimmklang als auch für präzises, schnelles und variantenreiches Artikulieren. Die Ruhelage und Bewegungen der Zunge im Mundraum wahrzunehmen, sollte eine unserer ersten Aufgaben sein. Dann können wir mit einem Bewegungstraining beginnen, das einerseits die Muskulatur dehnt und kräftigt, andererseits dazu beiträgt, die Zungenbewegungen so zu koordinieren, dass sie die Klangbildung und Artikulation unterstützen. Atmen wir bei geschlossenem Mund durch die Nase, liegt die Zunge am Gaumen an, die Zungenspitze befindet sich im Kontakt mit dem oberen Zahndamm, die Zahnreihen und der Kiefer sind gelöst. Die Zunge füllt...