Magazin
Kämpferin für die Kultur
Zum Tod der Hamburger Kultursenatorin und Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins Barbara Kisseler
Erschienen in: Theater der Zeit: Wie es euch gefällt – Christian Friedel vertont Shakespeare (12/2016)
Sie war „eine hervorragende Anwältin der Kultur“, konstatierte der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Olaf Scholz. Sie war „eine empathische Kämpferin“ in Sachen Kulturpolitik, ist in der Pressemitteilung des Deutschen Kulturrates zu lesen, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters bekundet aus dem Bundeskanzleramt: „Sie war eine Autorität“, die hartnäckig ihre Ziele verfolgt und sich mit Kompetenz für die Künste eingesetzt habe. Die deutsche Kulturlandschaft trauert um Barbara Kisseler, die am 7. Oktober 2016 nach langer schwerer Krankheit im Alter von 67 Jahren gestorben ist.
Kisseler machte eine beispiellose Karriere in Kulturverwaltung und Kulturpolitik. Nach dem Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft an der Universität Köln führte ihr beruflicher Weg vom Bonner Rathaus ins Kulturamt der Stadt Hilden und später an die Spitze der Kulturadministration der Landeshauptstadt Düsseldorf. Von 1993 an war sie zehn Jahre Leiterin der Abteilung Kultur im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, bevor sie 2003 Staatssekretärin für Kultur in Berlin und anschließend Chefin der Senatskanzlei wurde. Von 2011 bis zu ihrem Tod war sie Senatorin und Präses der Hamburger Kulturbehörde.
Die parteilose Politikerin genoss in der Kulturszene einen guten Ruf. Sie holte die Intendanten Wilfried Schulz (Schauspiel) und Albrecht Puhlmann (Oper) nach Hannover sowie Intendantin Karin Beier (Schauspielhaus) und Generalmusikdirektor Kent Nagano (Staatsoper) nach Hamburg. Sie bekannte sich zur freien Szene und rettete die Elbphilharmonie (mit bekanntlich vielen Hundert Millionen Euro), deren Eröffnung am 11. Januar nächsten Jahres sie nicht mehr erleben darf. Sie war eine Frau der „dezidierten, gepflegten, oft auch scharfzüngigen Sprache“, erklärt der NDR, sie war „scharfsinnig, feinsinnig, manchmal bissig, immer humorvoll“, sagt Amelie Deuflhard, Intendantin auf Kampnagel. Und unisono heißt es, sie habe Hamburg als Kulturstadt stärker und selbstbewusster gemacht.
Barbara Kisselers Stärke war aber auch dazuzulernen. Bei der Amtseinführung der bundesweit ersten Professur für Kulturpolitik an der Universität Hildesheim stritt sie noch vehement als Vertreterin des Kulturförderalismus gegen ein Bundeskulturministerium, ein Jahrzehnt später war sie „Mitglied des Kompetenzteams“ von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in der Position der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Eines ihrer Erfolgsrezepte offenbart sich in folgender Aussage, die in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zu lesen ist: „Wichtig ist, dass man weiß, was von mir zu erwarten ist. Um den heißen Brei herumreden, ‚vielleicht‘ oder ‚schauen wir mal‘ – dafür bin ich die Falsche.“ Diese Haltung gab sie auch mit all ihrer Erfahrung gerne weiter; sie war Lehrbeauftragte unter anderem in Hildesheim und in Zürich sowie Honorarprofessorin an der Fachhochschule Potsdam. 2015 wählten sie die Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins als erste Frau an ihre Spitze. Denn Theater, das war ihre Leidenschaft und ihr auch ein Vergnügen. Kulturpolitisch kann sie nun leider nicht mehr bei der fälligen Reform der Theaterlandschaft gestaltend mitwirken. Ein großer Verlust. //