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kirschs kontexte: Also stotterte Zarathustra
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Für eine kurze, lange Minute – Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa (05/2014)
Von „Alpensinfonie“ bis „Zarathustra“ – auch in Österreich wird seit Monaten der 150. Geburtstag von Richard Strauss gefeiert. Allerdings fehlen bei genauem Hinsehen zwischen A und Z dann doch so einige Buchstaben. Denn nach wie vor ist es so: Die „Salome“ und die „Elektra“ nimmt man überall gern, hebt in Wien die Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal und Stefan Zweig hervor, und an der Salzach würdigt man, dass Strauss die Salzburger Festspiele (mit)gegründet hat. Dass der Komponist hingegen von 1933 bis 1935 Präsident der Reichsmusikkammer war („in Erwartung einer neuen Blütezeit der Kunst“), dass er 1936 für Hitlers Olympiade die „Olympische Festmusik“ und 1943 für Baldur von Schirach eine „Festmusik der Stadt Wien“ schrieb, und dass er ebenfalls 1943 dem Gouverneur von Polen Hans Frank, dem sogenannten „Judenschlächter von Krakau“, ein Dankeslied dichtete („Es ist der Freund Minister Frank / Wie Lohengrin von Gott gesandt“) – die „Rosenkavalier“-Stimmung bleibt davon ungetrübt. Allenfalls findet man hier und da schamhafte Formeln über den „Schatten auf der Biografie“ eines „verführten“ und ansonsten „unpolitischen“ Musikgenies, die vor allem der Frage ausweichen, warum die Strauss’sche Spätromantik so gut zum „Soundtrack“ der schlimmsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts taugte. (Was im Übrigen keine österreichische Spezialität ist: Auch...