Bericht
Eine starke Unantastbarkeit im Glauben
Die Sommerstücke des 2. Regiejahrs an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“
von Niels Willberg
Erschienen am 23.10.2023
Das neue Gebäude am Naturkundemuseum gleicht einem Amalgam aus Internat und Bürokomplex. Die kleine Studiobühne wirkt etwas fehl am Platz; man erwartet’s hier nicht, gleich rechts im Foyer. Doch sie bietet, bei zugegebenermaßen geringem Produktionsbudget, den Studierenden alle Vorzüge einer modernen Theaterbühne. Klar, manchmal müssen verzeihliche Lücken im Material durch Improvisation ersetzt werden. Das Publikum ist vor allem gekommen, um zu sehen, was im Raum steht, und nicht, was fehlt. Viele Freund:innen, Verwandte und künstlerische Koexistenzen. Wie eine Feier des Glaubens an das Theater und seiner angehenden Augur:innen.
Lorenz Leander Haas, der schon mit der Inszenierung „Ich bleibe hier“ bei den Tiroler Volksschauspielen 2022 einen ersten Regieerfolg feiern konnte, widmet sich mit „Lautes Gebrüll aus Gandersheim – Das Leiden der heiligen Jungfrauen Agape, Chionia und Irene“ einem starken und zukunftsweisenden Stoff. Roswitha von Gandersheim, eine Benediktinerin aus dem zehnten Jahrhundert, gilt als erste deutschsprachige Dramatikerin, die in ihren Texten mutig weibliche Erfahrungen in einer patriarchalen Welt thematisierte. Ihre fantasievoll groteske Schilderung eines übergriffigen notgeilen Mannes, der sich an drei Frauen vergehen will und in seiner Tollheit versehentlich beim Kochgeschirr in der Küche landet, ist hier Vorlage (siehe „Und was träumt Rosi heute? Ein Aufruf“). Die Frauen lachen ihn aus und...
Erschienen am 23.10.2023