13.1.2 Sich von Ideen lösen
Erschienen in: Improvisationstheater – Die Grundlagen (10/2018)
Wenn wir als Spieler im Off eine Szene von zwei Mitspielern beobachten, gleichen wir Zuschauern, die jederzeit auf der Bühne benötigt werden könnten. Allerdings sind Zuschauer in der Regel entspannter, sie treffen mal bewusst, mal unbewusst Annahmen darüber, wie es weitergehen könnte. Der gestresste Impro-Spieler hingegen klammert sich an seine Idee von vor dreißig Sekunden und überlegt panisch, wie er sie noch in die Szene einbauen könnte, statt sich von ihr zu lösen und dem zuzuhören, was gerade geschieht.
Unsere Ideen gleichen kleinen Zweigen, Blättern und Krümeln in einem dahingleitenden Fluss, in den wir jederzeit unsere Hand stecken können und etwas herausholen werden, ohne zu wissen, was es dann sein wird. Das bedeutet nicht, dass wir in einer laufenden Szene keine Assoziationen oder Ideen zulassen sollen. Aber wir sollten uns nicht an sie klammern. Denn wenn wir geistig zu klammern beginnen, verlieren wir wieder den Moment. Wir müssen unserem Gehirn vertrauen, das jederzeit Assoziationen, Gedanken und Ideen produziert.
Die Eitelkeit führt uns dazu, die eigene Idee für besser als die des Mitspielers zu halten. Bei fortgeschrittenen Spielern führt das zu Mikro-Blockaden. Folgende Szene wurde in einem Workshop improvisiert:
Sven spielt einen Gangster, dem ein Überfall missglückt ist. In seinem Versteck...