Dies ist die Uraufführung eines sogenannten Klassenzimmerstücks; es wird – bis auf Ausnahmen – gar nicht im Theater, sondern in der Schule gespielt. Ist das nun gut für das Theater, wenn es sich auf fremdes Terrain begibt? Auf alle Fälle ist es gefährlich, denn im Klassenzimmer hat nicht der Schauspieler mit seinem Text ein Heimspiel, sondern die Schüler – und die muss man erst einmal auf eine Weise bezaubern, dass sie nicht das tun, was sie immer tun, wenn der Unterricht sie langweilt: stören.
Annett Siegmund spielt in „Zehn klei- ne Marzipanschweine“ jene Frau N., die als alleinerziehende Mutter ihren zwölfjährigen Sohn und sich allein durchbringen muss – mit Hartz IV. Nun hat sie in einem Delikatessengeschäft zehn Marzipanschweinchen mitgehen lassen, für ein Schulfrühstück des Sohnes. Da sie so etwas nicht zum ersten Mal gemacht hat, wird sie zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt; der Sohn kommt ins Heim.
Das klingt hammerhart, das ist es auch – zumal, wenn man weiß, dass deutsche Gerichte in Wiederholungsfällen selbst bei Bagatellvergehen tatsächlich so hart urteilen. Da will jemand nicht einsehen, dass er, was er nicht kaufen kann, nicht einfach mitnehmen darf, gibt sich vor Gericht auch noch renitent – und dann nehmen die...