Recycling Mick Levcik
René Polleschs Bearbeitung der Antigone mit Brecht
Erschienen in: Recherchen 136: Recycling Brecht – Materialwert, Nachleben, Überleben (07/2018)
Zürich im Frühjahr 2016: René Pollesch inszeniert das Vorspiel und einige Ausschnitte aus dem Antigone-Modell eines Autors, den man zu kennen glaubte, der nun aber Mick Levčik heißt. Dieser Name steht als No-Name zwischen dem Autor und Regisseur Pollesch einerseits und andererseits dem ungenannten Modell-Produzenten. Die Funktion, die dem No-Name zukommt, ist auch nicht die eines Autors, sondern eher die eines Statisten, der aus dem Dunkel der Anonymität ins Rampenlicht geholt wird: Bühne frei für Mick Levčik! Der angekündigte Auftritt dauert aber nicht länger als der Titel selbst.1 Im Stück erscheint Levčik gar nicht, wird nur gelegentlich erwähnt oder zitiert mit Sätzen, in die ebenso oder vielleicht noch besser der Name jenes ungenannten Modell-Produzenten gepasst hätte. Das sind dann vor allem Hinweise auf die Möglichkeit und auch Notwendigkeit eines freien, verändernden Umgangs mit dem Modell.
Worum handelt es sich also bei diesem Stück, das so kenntlich schien wie sein Autor oder besser: seine verschiedenen Autoren? Die Antigone-Bearbeitung von Bertolt Brecht und Caspar Neher geht auf Hölderlins Übersetzung von Sophokles’ Tragödie zurück. Wie im Hütchen-Spiel verschwinden alle vier Co-Autoren unter dem No-Name oder Decknamen Mick Levčik, dessen rätselhafter und flüchtiger Auftritt im Titel davon ablenken könnte, dass als Autor des...