So ist der Mensch
von Maxi Leinkauf und Milo Rau
Erschienen in: Die Enthüllung des Realen – Milo Rau und das International Institute of Political Murder (11/2013)
Maxi Leinkauf / Milo Rau
Maxi Leinkauf Sie provozieren gezielt: Das Stück „Breiviks Erklärung“ wurde sogar verboten.
Milo Rau „Hören wir uns doch mal an, was Breivik sagt“ – das ist die Haltung meiner Inszenierung. Wenn die Wirklichkeit provoziert, dann ist eben die Wirklichkeit ein Skandal. Kunst darf nicht politisch korrekt sein.
Leinkauf Seit Schlingensief hält sich doch jeder Theatermacher für einen Provokateur.
Wen soll das noch aufregen?
Rau Ach, das beginnt ja nicht mit Schlingensief, das ist das Wesen der Kunst in einer medialen Gesellschaft. Meine sogenannten Provokationen waren im Grunde interessante Missverständnisse – und die Reaktionen darauf. Kunst ist eine öffentliche Arbeit, ohne Reaktionen existiert sie nicht.
Leinkauf Welche haben Sie denn erlebt?
Rau In Rumänien oder in Russland sagten mir Leute, die meinen Film „Die letzten Tage der Ceauşescus“ gesehen hatten: Wir haben nie verstanden, warum du das Ehepaar so positiv dargestellt hast. Das war mir gar nicht klar. Ich habe sie einfach als Menschen gezeigt.
Leinkauf „Hate Radio“, ein anderes Stück von Ihnen, spielt in Ruanda während des Genozids. Das ist für uns sehr weit weg.
Rau Ich will diese Geschichte aus Afrika herausholen und über meine Generation erzählen: über Männer, die in den neunziger Jahren...