Auftritt
Wien: Von Katastrophen und Containern
tanzquartier wien: „What about catastrophes?“ (UA) von Claudia Bosse / theatercombinat
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Mirco Kreibich: Brüchiger Zeitspieler (06/2014)
Assoziationen: Tanzquartier Wien
„Es gibt keine unschuldigen Räume“, lautet eine Überzeugung von Claudia Bosse, künstlerische Leiterin des Wiener theatercombinats – es kann keine unschuldigen Räume geben, weil jeder Raum Teil eines „territorialen geopolitischen Gefüges“ oder „eines bestimmten ideologischen Einverständnisses“ ist. Folglich gilt die szenische Forschungsarbeit des theatercombinats seit Langem der politischen Verfasstheit von Räumen: Wie greifen räumliche Voraussetzungen in Handeln und Sprechen ein, wie generieren und bedingen, verschieben und krümmen sie leibliche Regungen, mögliche Aussagen und Vorstellungen? Und wie wirkt umgekehrt jedes Handeln, jede noch so winzige Bewegung unablässig auf räumliche Relationen und Bedingungen zurück?
Diese vielleicht etwas allgemein formulierten Fragen werden in der Arbeit des theatercombinats an und mit höchst konkreten Materialien und Räumen untersucht und zu komplexen Performance-Installationen und -Landschaften verdichtet, in denen die Besucher sich zumeist frei bewegen können. So widmete sich etwa „dominant powers“ 2011 in den Büroräumen einer ehemaligen Druckerei im 15. Wiener Bezirk der medialen Vermittlung der arabischen Aufstände. Oder „designed desires“ 2012 in einer verlassenen Zollamtskantine inklusive Küche und Fleischausgabe der Kommerzialisierung von Begehrensstrukturen. „What about catastrophes?“, Bosses neue Regiearbeit, führt beide stofflichen Linien fort: Es geht um die Katastrophe als körperlichen Zusammenbruch wie als politischen Umkehrungsprozess (etymologisch verweist Kata-strophe ja auf eine Umwendung). Zugleich werden...