Real Time in Oberplan
Stifters Dinge als ein Theater der Entschleunigung
von Heiner Goebbels
Erschienen in: Recherchen 96: Ästhetik der Abwesenheit – Texte zum Theater (08/2012)
Ich sah eine Menge der weißgelben Blümlein auf dem Boden, ich sah den grauen Rasen, ich sah auf manchem Stamme das Pech wie goldene Tropfen stehen, ich sah die unzähligen Nadelbüschel auf den unzähligen Zweigen gleichsam aus winzigen dunklen Stiefelchen herausragen, und ich hörte, obgleich kaum ein Lüftchen zu verspüren war, das ruhige Sausen in den Nadeln.
Wir gingen immer weiter, und der Weg wurde ziemlich steil.
Auf einer etwas höheren und freieren Stelle blieb der Großvater stehen und sagte: „So, da warten wir ein wenig.“
Er wendete sich um, und nachdem wir uns von der Bewegung des Aufwärtsgehens ein wenig ausgeatmet hatten, hob er seinen Stock empor und zeigte auf einen entfernten mächtigen Waldrücken in der Richtung, aus der wir gekommen waren, und fragte: „Kannst du mir sagen, was das dort ist?“
„Ja, Großvater“, antwortete ich, „das ist die Alpe, auf welcher sich im Sommer eine Viehherde befindet, die im Herbst wieder herabgetrieben wird.“
„Und was ist das, das sich weiter vorwärts von der Alpe befindet?“, fragte er wieder.
„Das ist der Hüttenwald“, antwortete ich.
„Und rechts von der Alpe und dem Hüttenwalde?“
„Das ist der Philippgeorgsberg.“
„Und rechts von dem Philippgeorgsberge?“
„Das ist der Seewald, in welchem sich...