Lisa Lucassen: Das Erste, was mir aufgefallen ist, als ich älter wurde, ist ein Zuwachs an Souveränität. Seit ich ungefähr vierzig bin, werde ich ernster genommen als die 25-jährige Theaterwissenschaftlerin, die ich zu Beginn meiner Karriere war. Wenn man z. B. mit einer Technikcrew im Theater zu tun hat, wird man als Fünfzigjährige, die den Unterschied zwischen einem VGA- und einem BNC-Anschluss kennt, besser behandelt. Auf diesem Gebiet werden Dinge leichter. Aber es gibt andere Bereiche, da wird alles schwerer: Vor mittlerweile fünf, sechs Jahren haben wir in Stuttgart am Schauspiel gearbeitet und hatten mit einer Schauspielerin zu tun, die als junge Frau der Star des Ensembles war. Sie wurde fünfzig, während wir dort gearbeitet haben. Wir haben sie dann noch in einer Rolle ohne Text gesehen und anschließend wurde ihr angeboten, sie könne als Souffleuse arbeiten. Da haben wir zum ersten Mal verstanden, dass Frauen in unserem Alter von den Bühnen verschwinden. Aus der Politik verschwinden sie nicht, aber von den Theaterbühnen, auf denen es um die Darstellung klassischer Fiktionen geht. Wir haben uns damals sehr dazu beglückwünscht, dass wir uns unsere Arbeitsplätze selbst geschaffen haben und sie deshalb auch behalten können. Wir sind nicht darauf angewiesen, dass es...