Rhythmus
von Viola Schmidt
Erschienen in: Mit den Ohren sehen – Die Methode des gestischen Sprechens an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin (04/2019)
Die rhythmische Gliederung des Sprechens ist von der jeweiligen Sprache abhängig. Die deutsche Sprache ist rhythmisch sehr auffallend gegliedert durch das Neueinsetzen der Vokale am Wort- und Silbenanfang und die Auslautverhärtung stimmhafter Explosivlaute. Meine Frage nach dem Klang der deutschen Sprache wurde von ausländischen Studierenden mit der Assoziation von Maschinengewehrsalven oder dem Geräusch, das jemand macht, wenn er die Treppe herunterfällt, beantwortet. Diese rhythmische Auffälligkeit schwächt sich in den meisten deutschen Mundarten und Dialekten und in der Alltagssprache deutlich ab. Regeln zur Koartikulation, wie sie im Wörterbuch der deutschen Aussprache niedergelegt sind, fordern mittlerweile in einigen sprachlichen Positionen einen geringeren Standard, als ich ihn für die Bühnenaussprache für angemessen halte. Die Wirkungen, die durch den Gebrauch des sprecherischen Mittels Rhythmus erzielt werden können, sind sehr unterschiedlich. Ich gebe zu, dass ein rhythmisch nach den Regeln der deutschen Hochlautung konsequent gesprochener Text gestelzt klingen kann. Entscheidend ist auch hier, dass das Mittel an die Situation angepasst wird, bzw. dass es dazu taugt, die Situation zu verändern. Wir kommen darauf zurück, wenn wir uns mit der Arbeit am künstlerischen Text befassen.