Claus Leggewie: Herr Jongen, zum Aufwärmen: Was haben Sie als Letztes im Theater gesehen?
Marc Jongen: Das war, wenn ich nicht irre, an der Berliner Schaubühne ein Stück mit dem famosen Lars Eidinger: „Dämonen“ von Lars Norén. Eine sehr hysterische Inszenierung von Thomas Ostermeier, allerdings grandios gemacht, inklusive Urinieren und allem, was so zum modernen Regietheater noch dazugehört.
Leggewie: Das stört Sie?
Jongen: Nicht notwendigerweise, wenn es gut gemacht ist. Mich stört nur, wenn solche Effekte in klassischen Stücken benutzt werden, die das gar nicht nötig haben, wo der Effekt das Stück dann verzerrend überlagert. Bei diesem Stück war alles kohärent.
Leggewie: Ich fand „Die Perser“ von Aischylos in der Inszenierung von Ulrich Rasche am Schauspiel Frankfurt großartig. Ein Stück, in dem der Autor eines siegreichen Volkes sich in die Position eines besiegten Volkes, nämlich die Perser, hineinversetzt und in deren Leid. Das bringt mich gleich zu einem Stück, das Ihr Parteikollege Andreas Edwin Kalbitz sehr angegriffen hat: „KRG. – Eine Heimatbetrachtung“ am Piccolo Theater in Cottbus. Dieses Stück macht fast dasselbe wie Aischylos. Es versetzt uns in die Situation von Geflüchteten, nur unter umgekehrten Vorzeichen, wir müssen in ein anderes Land fliehen, weil Deutschland eine faschistische Diktatur geworden ist....