Theater der Zeit

Wie ich Shermin Langhoff vor den Toren Wiens abgefangen habe

von André Schmitz

Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)

Spielzeiteröffnung am 8. November 2013 – André Schmitz, Shermin Langhoff, Jörn Kubicki, Klaus Wowereit
Spielzeiteröffnung am 8. November 2013 – André Schmitz, Shermin Langhoff, Jörn Kubicki, Klaus WowereitFoto: Lutz Knospe

Die Überschrift meines kleinen Zwischenrufs bezieht sich auf die Frage eines Journalisten bei der Pressekonferenz im Maxim Gorki Theater im Mai 2012, bei der ich als damaliger Staatssekretär für Kultur in Berlin Shermin Langhoff als Intendantin und Jens Hillje als Ko-Leiter des Theaters der erstaunten Öffentlichkeit vorgestellt habe.

Die Nachricht war damals eine kulturpolitische Überraschung. Zum einen, weil es allen Beteiligten gelungen war, diese Personalie im ansonsten von Klatsch und Tratsch durchdrungenen Berlin bis zum Tag der Pressekonferenz geheim zu halten. Bekannt war, dass Shermin Langhoff ­eigentlich Chefkuratorin der hochangesehenen Wiener Festwochen werden sollte. Die noch größere Überraschung war jedoch eine kulturpolitische. Nach fünfzig Jahren Einwanderungsgesellschaft wurde in Deutschland erstmals ein Stadttheater in die Hände der postmigrantischen Generation gegeben, zumal in die Hände einer Frau.

Als Staatssekretär für Kultur hatte ich mir zu meinem Amtsantritt auf meine kulturpolitische Agenda geschrieben, den interkulturellen Austausch in einer Stadt voranzubringen, die mehr als eine Million Menschen aus eingewanderten Familien beherbergt. Für mich lag in der Migration ein immenser kultureller Schatz, den die Mehrheitsbevölkerung in großen Teilen entweder gar nicht kannte oder nicht ausreichend schätzte. Gleichzeitig waren große Teile dieser Menschen mit internationaler Geschichte kaum als Publikum in den Kultureinrichtungen präsent. Sie fanden sich...

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