Martin Susman schwitzt. „Er schwitzte wie ein Schwein.“ Während sein Bruder Florian in Österreich die elterliche Schweinezucht zu expandieren versucht, arbeitet er als Beamter der Generaldirektion Kultur für die Europäische Kommission. Und während ein freilaufendes Schwein durch die Gassen von Brüssel hetzt, bereitet er sich auf eine Dienstreise nach Auschwitz vor. Es ist Winter. Es ist kalt. Aber: „Was für eine Schnapsidee, die warme Unterwäsche gleich anzuziehen.“ Dieser schwitzende Susman – Schauspieler Simon Bauer schüttet einen Becher Milch in sich hinein – führt in Lucia Bihlers Inszenierung von Robert Menasses Roman „Die Hauptstadt“ seinen inneren Monolog per Audio-Einspielung. Bauer windet sich beiläufig aus dem schwarz-glänzenden Anzug heraus, steht in langer „deutscher Unterwäsche“ da. Der Ärger über seine Unfähigkeit, sich adäquat zu kleiden, hindert Susman daran, seinem Kollegen Bohumil Smekal, dargestellt von Jesse Inman, adäquat zuzuhören. Dessen Ausführungen über die Absurdität und Abscheulichkeit einer Welt, in der politische Gräben (wieder) mitten durch Familien gehen, bringt Inman von seinem unruhigen Gesprächspartner unbeirrt vor. An der Rampe stehend, nippt er bedächtig an einem Becher Milch. Bihler verschneidet den gesellschaftspolitischen Dialog zwischen Susman und Smekal mit dem privatistischen Monolog – „die Dienstreise nach Polen möglichst unbeschadet an Leib und Seele hinter sich bringen“ –...
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