Kolumne
Bist du’s noch oder spielst du schon?
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater in Slowenien – Karin Beier: Antike als große Geste (10/2023)
Er hieß Alexander Wagner und schon damals kannten ihn nur die Eingeweihten. Unter diesen gab es wieder zwei Abteilungen. Die einen schätzten ihn als Geschichtenerzähler und zuweilen anstrengenden Trinker, die anderen verblüffte, ja begeisterte er durch sein einzigartiges Talent des Spielens auf der Theaterbühne. Eines verband beide Gruppen. Axel, wie er allgemein nur genannt wurde, ließ die Übergänge zwischen Alltag und Kunst verschwinden. Das Überschreiten der Schwelle gelang ihm völlig unbemerkt. Es war unheimlich. Er konnte als begeisterter Koch, der aber selber nur trank, nicht aß – vom Herd aus also – übergangslos zur Karikierung eines Schauspielers, der ihm missfiel, und von da aus wieder zur Beschreibung eines elegant gelungenen Fußballtores übergehen, ohne dass dieses Berichten zerstreut oder willkürlich oder gar erzwungen erschienen wäre. Im Gegenteil. Seine Kunst bewies die oft übersehene Tatsache der Immanenz aller Dinge. „Was redsdn so gschwoin daher?“, hätte er selbst gesagt, „alles hängt eben mit allem zusammen!“ Alexander Wagner war nämlich Österreicher. Genauer gesagt Salzburger, noch genauer Jenischer, das heißt „Halbzigeuner“, wie man damals sagte. Ein, auch in den späteren Jahren, die vom starken Lebensgenuss gekennzeichnet waren, blendend aussehender, immer mit Sakko und Weste gekleideter, feingliedriger Mann, der auf Frauen einen außerordentlichen Eindruck machte. Auf...