Paul Claudels „Der seidene Schuh“ ist „ein wahnsinniges Stück“, so bekennt es eine darin vorkommende Figur. Die Unspielbarkeit des 1925 erschienenen Dramas über eine unerfüllte Liebe in aristokratischen Kreisen zur Zeit der spanischen Conquistadores sehen versprengte Theater hin und wieder als Herausforderung. Dabei möchte man das 380 Seiten starke Stück mit über 70 Figuren und Schauplätzen auf mehreren Kontinenten sowie auf hoher See inklusive Walfischwanderung am besten gleich nach Hollywood schicken.
Die Lösung hierzulande: eine Serie. Ein Gebiet, auf dem sich das Wiener Schauspielhaus in den letzten Jahren wahrlich Lorbeeren verdient hat. Kleinode steckten in den bis zu zehnteiligen Theaterserien, in denen junge Regisseurinnen und Regisseure im Nebenhaus des Theaters oder an Realschauplätzen Bruno Kreisky, Sigmund Freud oder Die zehn Gebote abklopften. Der Erfolg war beachtlich. Jetzt hat das Serienprinzip die Hauptbühne erobert: „Der seidene Schuh“ als Vierteiler.
Das in vier Tage gegliederte Schmachtwerk ist wie gemacht für das auf Empathie bauende Serienzeitalter: Die unglücklich verheiratete Doña Proëza verhandelt mit sich und ihrem Gott in dramatischen Schritten die schlussendlich aufs Jenseits vertagte Liebe zu dem ihr aus Glaubensgründen auf Erden verwehrten Don Rodrigo. Beide sind überzeugte Christen, aber auf unterschiedlichem Niveau: Sie muss sich ihm getreu dem Sakrament körperlich verwehren,...