Bericht
Museum als Verführung
„Puppets 4.0 – ein imaginäres Museum“ am dfp in Bochum
Erschienen in: double 42: Kultur erben – Generationenwechsel im Theater der Dinge (11/2020)
Assoziationen: Puppen-, Figuren- & Objekttheater
„Nicht kitzeln!“ Ein älterer, noch recht agiler Herr im gediegenen Anzug mit Krawatte nimmt uns quasi an die Hand. Berühren und Anstupsen erlaubt, aber kein Kitzeln! Es handelt sich schließlich um niemand anderen als Fritz Wortelmann selbst, den Gründer des Deutschen Forums für Figurentheater und Puppenspielkunst in Bochum, der uns durch die neue Ausstellung im dfp in Bochum führt. Als digitalisierte Marionette geleitet er die Besucher*innen durch fünf virtuelle Räume, beschreibt mit sonorer Stimme Figuren und deren Spielarten, erklärt Hintergründe und formuliert Gedankenexperimente. „Puppets 4.0 – ein imaginäres Museum“ ist die tatsächlich allererste immersive VR-Ausstellung zum Figurentheater.
Was hier zusammenkommt, sind die prächtigen Puppen selbst, eine umfassende Recherchearbeit der Projektleitung und die im Theater immer noch außergewöhnliche technische Umsetzung (entwickelt und programmiert von DIGIFACTURA). 56 Exponate sind ausgestellt, von der japanischen Noroma-Stabfigur aus dem 17. Jahrhundert über Wortelmanns selbst gebaute Handpuppen bis zu zeitgenössischen Schattenfiguren des australischen Künstlers Richard Bradshaw. Wir Besucher*innen betrachten diese eindrucksvollen, filigran gestalteten Figuren nicht bloß, wir tauchen ein in ihre Welten. Da wird der Schaukasten zum Game-Setting.
Dank Virtual-Reality-Brille stehen wir in einem Wald, von einer 3D-Artistin als kulissenartige Raumsituation gestaltet. Über uns öffnet sich der weite Himmel, wir hören Blätter rauschen und den Specht...