Der Rechtspopulismus und die Flüchtlingskrise
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Assoziationen: Dossier: Politische Konfliktzonen Dossier: Ungarn
Betrachtet man die Migrationsbewegung von 2015 unter einem biopolitischen Blickwinkel, so ist sie vollständig richtig gewesen. Die durchsetzungsstärksten und schnellsten Flüchtenden haben die deutsche Grenze in den wenigen Monaten erreicht, als sie für alle geöffnet war. Was letztlich der Grund für die Regierung Merkel war, auf Grenzkontrollen zu verzichten und die EU-Regeln außer Kraft zu setzen, ist bis heute nicht erklärt. Die Behauptung, es hätte sich um eine humanitäre Notlage gehandelt, als tausende Flüchtende auf dem Budapester Bahnhof an der Weiterreise nach Deutschland gehindert wurden, ist keine Erklärung, sondern schon in der Logik desjenigen gedacht, der genau diese Notlage absichtlich herbeigeführt hat.
Der ungarische Präsident Viktor Orbán hat die Flüchtenden missbraucht, um Bilder zu erzeugen, die die liberaleren Gesellschaften Nordeuropas nicht ertragen wollten. Sie wurden dadurch in die Zwangslage versetzt, entweder die in Ungarn leidenden Menschen aufzunehmen und damit das bisher geltende EU-Recht abzuschaffen oder sich zu Mitschuldigen zu machen. Damit hat Viktor Orbán es als erster Staatschef aus der Gruppe derjenigen, die bisher von den mitteleuropäischen Ländern mit den Flüchtlingen alleine gelassen wurden, geschafft, die von Dublin II privilegierten Staaten zur Mitverantwortung zu zwingen.
Die Reaktion der CDU-Kanzlerin auf diese Provokation ist bekannt. Über die Folgen ist bis heute...