Es ist einer jener unglaublich heißen Tage Ende Juni in diesem unglaublich heißen Sommer 2019. Es ist kurz vor dem Abschied von Intendantin Barbara Frey vom Zürcher Schauspielhaus. Der 89-jährige Regisseur Werner Düggelin sitzt mir im Donati in Basel beim Mittagessen gegenüber, und wir versuchen gemeinsam, dem flüchtigen Geist des Theaters nachzuspüren. Am Ende dieses langen Mittags wird er sagen, unser Essen sei fast wie eine Séance gewesen. Er habe Sachen gesagt, die er noch nie gesagt habe.
Ja, wir haben über Angst gesprochen an diesem Mittag bei Donati, über Lebenskrisen und romantische Todessehnsucht. Er habe, hat Düggelin gesagt, niemals Angst gespürt. Vor Krankheiten, ja, aber nicht vor dem Tod und nicht vor dem Leben. Er habe nie Existenzangst gehabt. Wir haben über die Offenheit von Schauspielern gesprochen, ihre Durchlässigkeit. Überhaupt sei seine Entwicklung nicht die zur Einfachheit gewesen, wie so oft gesagt werde, zur Reduktion, es war eher die Entwicklung zur Durchlässigkeit. Vielleicht kann man es so sagen: Der Regisseur Werner Düggelin hat im Verlauf seines langen Regielebens immer einfachere Sachen auf der Bühne gemacht, um die Durchlässigkeit der Schauspieler immer sichtbarer werden zu lassen.
Wir haben über viele Aufführungen gesprochen, die berühmten, die weniger bekannten, eine Johannespassion in...